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Ein Vorreiter der Frankfurter Psychiatriereform (29.04.2009)

\"Papa, wir gratulieren Dir\", heißt es auf einer Illustration der Frankfurter Latern von 1883 zum 50-jährigen Doktorjubiläum Heinrich Hoffmans. Dort erweisen ihm einige Gestalten aus seinen Bilderbüchern die Ehre. Allein diese Darstellung verdeutlicht, wie stark der sagenhafte Erfolg des \"Struwwelpeter\" schon den Zeitgenossen den Blick auf den Arzt und Psychiater verstellte. Und dabei ist es bis heute geblieben, auch wenn Hoffmann selbst die Errichtung der \"Anstalt für Irre und Epileptische\" auf dem Gelände des heutigen IG Farben-Hauses als sein eigentliches Lebenswerk betrachtete. Vom 13. Juni bis 20. September werden die Ausstellungen und Veranstaltungen des \"Heinrich Hoffmann Sommers 2009\" auch den lange kaum beachteten Mediziner wieder in Erinnerung rufen.

Leichenbeschauer, Geburtshelfer und Armenarzt
Bevor Hoffmann zum Leiter der Psychiatrischen Klinik in Frankfurt wurde, oszillierte sein Berufsleben 16 Jahre zwischen Geldmangel, humanitären und wissenschaftlichen Interessen. Nachdem er 1834 in Frankfurt sein Staatsexamen abgelegt hatte, arbeitete er zunächst als fest angestellter Leichenbeschauer auf dem Sachsenhäuser Friedhof. Zugleich praktizierte der junge Arzt in Sachsenhausen privat mit dem Schwerpunkt Geburtshilfe und behandelte darüber hinaus ein Jahrzehnt lang in der Armenklinik unentgeltlich sozial Schwache - auch aus den umliegenden Dörfern und ohne Unterschied der Religion. Bis 1844 versorgte er zusammen mit fünf Kollegen 9.000 Kranke ambulant und 500 stationär - Patienten, die sich sonst wohl nur einen Barbier hätten leisten können. Der in der Armenklinik gepflegte fachliche Austausch bildete eine der Keimzellen des 1845 gegründeten Ärztlichen Vereins, in dem sich Hoffmann lange als Schriftführer und Vorsitzender engagierte.

Vom Anatom zum „Irrenarzt“
Ökonomisch blieb Hoffmanns berufliche Situation, der seit 1840 verheiratet war und bald Vater dreier Kinder, unzulänglich. Daran änderte auch die Ernennung zum Leiter der Senckenbergischen Anatomie 1844 nichts. Sie befriedigte aber seine wissenschaftlichen Interessen - Hoffmann fühlte sich \"durch und durch\" als Anatom und wollte \"am liebsten von früh bis Abends am Seciertisch hocken\". Im Senckenbergianum führte er das Mikroskopieren ein und bereicherte die Sammlung um Hunderte Präparate. Im Jahr 1851 nahm Hoffmanns Karriere die entscheidende Wende. Er wurde Leiter der Frankfurter \"Anstalt für Irre und Epileptische\", um deren Geschicke dann über 37 Jahre hinweg zu lenken. Der 42-Jährige hatte sich zielgerichtet auf die schlecht dotierte Direktorenstelle beworben, obwohl er nach eigenem Bekunden \"noch nie eine Irrenanstalt besucht\" hatte. Aber Hoffmann suchte eine ärztliche Herausforderung und einen Ort, um seinen humanitären Anspruch in die Tat umsetzen. In der Frankfurter Anstalt fand er für beide Ambitionen einen Entfaltungsraum: Unter Fachleuten galten die Zustände dort als menschenunwürdig. Es ging nicht um Behandlung, sondern allein um eine sichere Verwahrung der \"Irren\". Die Gemächer für \"Tolle\" ähnelten Schweineställen, hieß es 1833. Als gravierendsten Mangel empfand Hoffmann, dass die Kranken in den überbelegten Räumen weder nach Art und Schwere ihres Leidens, noch nach Geschlecht getrennt werden konnten. An eine konsequente Bäder- oder Beschäftigungstherapie war gar nicht zu denken.

Ein moderne Klinik im Grünen
Bald stand für Hoffmann fest, dass Frankfurt eine neue Klinik im Grünen brauche - ein Ziel, das der Arzt planmäßig und erfolgreich verfolgte. Letztlich wertete dies auch seine eigene Position auf, und die ihm nun zugestandene Jahresdotation von 2.400 Gulden erlaubte ihm endlich auch die Aufgabe seiner ungeliebten Praxis. Urlaubszeiten nutzte Hoffmann für Fortbildungsreisen, um sich in die sich gerade formierende moderne Psychiatrie einzuarbeiten. Im großzügigen Neubau der Klinik am nördlichen Stadtrand erhielt dann jede der zwölf Krankenabteilungen einen eigenen Garten, in dem auch Arbeitstherapie möglich war. Es entstand ein imposanter neogotischer Komplex, der im Volksmund bald \"Irrenschloss\" genannt wurde. Dort zogen im Mai 1864 die 101 Patienten der alten \"Anstalt für Irre und Epileptische\" ein. Hoffmanns Konzeption sah die \"freie Behandlung\" mit möglichst wenigen Zwangsmitteln vor. Mit dem Neubau legte er, der grundsätzlich von körperlichen Ursachen für Geisteskrankheiten ausging, den Grundstein für die qualifizierte Weiterentwicklung einer naturwissenschaftlich ausgerichteten Psychiatrie in Frankfurt.


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