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Rationierungen verursachen bei Ärzten zunehmend ethische Bedenken (08.07.2009)

Notwendigkeit der Raionierungen steht außer Frage Nach oben hoch

Die Möglichkeiten, eine Rationierung durch eine Rationalisierung, sprich durch den wirtschaftlicheren Einsatz der Mittel zu vermeiden, sind nach Ansicht der meisten Ärzte ausgeschöpft. Und die Mediziner lehnen es ab, die Verantwortung für die Beschränkungen der Therapie allein zu tragen.

Dass Rationierungen im deutschen Gesundheitswesen stattfinden, steht außer Zweifel. Die Bundesärztekammer hatte im Mai 2008 im Ulmer Papier öffentlichkeitswirksam darauf aufmerksam gemacht. Frühere Umfragen haben auch ergeben, dass die meisten Mediziner bereits die unangenehme Erfahrung gemacht haben, dass sie einem Patienten eine optimale Therapie vorenthalten müssen, weil sie nicht mehr finanzierbar ist.

Umfrage der MHH unter Kardiologen und Intensivmedizinern Nach oben hoch

Der Medizinethiker Professor Daniel Strech von der Medizinischen Hochschule Hannover untersuchte zusammen mit Kollegen mittels einer Umfrage, wie zwei Arztgruppen, Herzspezialisten und Intensivmediziner, mit diesen Situationen umgehen. Sie hatten diese beiden Fachbereiche ausgewählt, weil es hier besonders viele kostspielige Arbeitsabläufe gibt, so Professor Strech.

Ärzte befürworten Rationalisierung Nach oben hoch

Tatsächlich kannten drei von vier Ärzten Fälle, in denen Patienten Therapien vorenthalten wurden – auch wenn diese Situationen insgesamt selten vorkamen und noch kein alltägliches Problem sind. Die Herzexperten, Kardiologen, erleben Rationierungen öfter als Intensivmediziner, und an privaten Kliniken scheinen sie häufiger vorzukommen als an Kliniken in öffentlicher oder gemeinnütziger Trägerschaft, berichtet Professor Strech.

Die Verunsicherung bei den Ärzten ist groß. Vier von fünf Medizinern meinten, dass Rationierungen ihre Arbeitszufriedenheit beeinträchtige und ebenso viele sahen das Vertrauensverhältnis zum Patienten negativ beeinflusst.

Eine Bereitschaft zu Rationalisierungen ist bei den befragten Ärzten vorhanden. Einem Patienten könne auch gegen dessen Willen ein teures Medikament vorenthalten werden, wenn es ein preiswerteres aber gleich effektives Mittel gebe. Diese Ansicht vertraten neun von zehn Medizinern. Allerdings waren auch die Kardiologen, in deren Bereich Versorgungsforscher größere Einsparpotenziale sehen, überzeugt, dass Rationalisierungen durch eigenes wirtschaftlicheres Handeln eigentlich kaum noch möglich sind. Ärzte sehen potenzielle Einsparungen nicht, vermutet Professor Strech. Entscheidungen in diesem Bereich müssten von außen kommen.

Ärzte lehnen Rationierung ab Nach oben hoch

Anders als die Rationalisierungen werden Rationierungen von den Medizinern abgelehnt. Nur jeder zweite meinte, dass Ärzte bei Mittelknappheit auf eine preiswerte und geringfügig weniger effektive Alternative ausweichen dürften. Professor Strech konstatiert hohe moralische Ansprüche der Mediziner, die unter den aktuellen Rahmenbedingungen immer häufiger mit der Wirklichkeit kollidieren. Viele Ärzte vertraten die Ansicht, Entscheidungen zur Rationierung könnten nur im Einzelfall getroffen werden. Gleichzeitig waren drei von vier Ärzten der Ansicht, dass die Entscheidung an höherer Stelle, “oberhalb” der Arzt-Patientenbeziehung getroffen werden müsste.

Ambivalente Haltung erfordert öffentliche Diskussion Nach oben hoch

Professor Strech sieht hier eine ambivalente Haltung der Mediziner: Einerseits möchten die Ärzte ihre Entscheidungsfreiheit behalten, andererseits scheuten sie aber die Verantwortung. Der Ausweg aus diesem Dilemma könnte nach Ansicht des Medizinethikers darin bestehen, die Rationierung in die Behandlungsempfehlung der Fachgesellschaften zu übernehmen.

Eine wichtige Voraussetzung für kostensensible Leitlinien sei jedoch eine breite Diskussion in der Öffentlichkeit über die Notwendigkeit von Rationierungen und den Bedingungen, unter denen sie stattfinden könnten.

Quelle: Nach oben hoch

D. Strech et al.: Ausmaß und Auswirkungen von Rationierung in deutschen Krankenhäusern: Ärztliche Einschätzungen aus einer repräsentativen Umfrage. DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2009; 134 (24): S.1261-1266


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